Ehrengäste bei der Einweihung des Martberg

Die Liste der Ehrengäste war schier endlos. Neben Minister Bauckhage von der Landesregierung erschienen u.a. Abgeordnete des europäischen Parlamentes, des Bundes- und Landtages. Unter den Archäologen befand sich auch Prof. Dr. Haffner, dem der Martberg viel zu verdanken hat.

Auch die Liste der Redner war lang. So unterstrich z.B. Ortsbürgermeister und Vereinsvorsitzender Paul Josef Porten, dass die Tempelanlage uns anschaulich, handgreiflich einen bedeutenden Teil unserer antiken Geschichte erleben lässt. Verbandsbürgermeister Manfred Schnur wertete die Anlage als sichtbare Darstellung der weitbekannten Grabungsstätte. Ein Traum habe mit Unterstützung Vieler Gestalt angenommen. Der Minister: ,,Der Martberg entfaltet als ehemalige Kultstätte und Tempelanlage eine große Anziehungskraft  - heute wie früher.

Die Eröffnung war eingebettet in ein Rahmenprogramm. Es dauerte drei Tage. Wegen einer Verpflichtung bei der Fußball-Weltmeisterschaft (in Berlin) mussten die Mainzer Hofsänger ihr Auftreten absagen. Es wird nachgeholt.

HOC MUNUS PARVOM

Die griechische Sonnenuhr vom Martberg

Während der Ausgrabung des gallo-römischen Tempelbezirkes auf dem Martberg wurde im Jahre 2002 ein außergewöhnlicher Fund gemacht. Das Objekt, das zuerst aussah wie das Bruchstück einer einfachen Schüssel aus Sandstein entpuppte sich bei genauerer Betrachtung als Überrest einer antiken Sonnenuhr. Wie die Nachforschungen von Karlheinz Schaldach, dem renomiertesten Erforscher antiker Sonnenuhren in Deutschland ergaben, handelte es sich dabei um keine gewöhnliche römische Sonnenuhr. Vielmehr ist die Sonnenuhr vom Martberg das außergewöhnlichste Exemplar jener Epoche, das nördlich der Alpen gefunden wurde. 

Bruchstück der antiken Sonnenuhr vom Martberg (Foto: Karlheinz Schaldach)Die Uhr gehört zum Typ Skaphe, die als hohle Halbkugel gefertigt wurde und stammt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.. Der erhaltene Teil ist ausreichend, sie nahezu vollständig rekonstruieren zu können. Die Datums- und Stundenlinien, die auf der Innenseite der Sonnenuhr noch zu erkennen sind, wurden mit großer Präzision genau für die Ortsbreite des Martberg gemeißelt. Die Herstellung der Uhr war keine Arbeit von wenigen Stunden, sondern der Auftraggeber musste eine gebildete und astronomisch-mathematisch versierte Person gewesen sein, die einen begabten Steinmetzen vor Ort entsprechend instruierte. Alle anderen Funde nördlich der Alpen zeigen entweder ein gröberes oder ein ungenaueres Liniennetz. Sonnenuhren von solcher Qualität fanden sich in jener Zeit nur im griechisch geprägten Ostteil des Römischen Reiches in Metropolen wie Palmyra oder Konstantinopel. Dies legt den Schluss nahe, dass auch der Auftraggeber der Sonnenuhr vom Martberg ein Grieche war.

Nun kennt man schon seit langem einen Griechen namens Tychicos, der im 2. nachchristlichen Jahrhundert eine zweisprachige Weihinschrift auf dem Martberg hinterlassen hat. In seiner Inschrift berichtet er von „hoc munus parvom“, jener kleinen Gabe, die er zum Dank für seine Heilung stiftete. Bisher war unbekannt um welche Gabe es sich dabei handelte. Nach eingehender Untersuchung des Altfundes aus dem 19. Jahrhundert durch Herrn Schaldach können wir uns nun sicher sein, dass der Tychicos-Stein und das Bruchstück der Sonnenuhr einst zusammengehörten. Dafür gibt es mehrere Hinweise: Beide Objekte sind aus dem selben Sandstein gefertigt. Der Innenradius der Sonnenuhr und der Plattform des Tychicos Steines stimmen genau über ein. Außerdem befindet sich in der Mitte des original Fundstückes der Rest eines eisernen Stiftes, der einstmals das Gnomon, der Zeiger der Sonnenuhr war.

Tychicos-Stein mit griechisch-lateinischer InschriftSomit haben wir es mit einem einmaligen Fall zu tun. Wir kennen sowohl die Sonnenuhr selbst als auch die zugehörige Basis und deren Stifter. Der Fund der griechischen Sonnenuhr wirft ein weiteres Schlaglicht auf den außergewöhnlichsten Fund des Martberges, dem Tychicos-Stein. Durch die griechisch-lateinische Inschrift wissen wir, dass Tychicos ein Meister der Dichtkunst und Kenner der antiken Philosophie war. Die Inschrift besteht aus vier griechischen und lateinischen Versen in Hexametern, wobei die Worte des griechischen Textes alle aus den Epen des altgriechischen Dichters Homer entnommen sind. Zudem fanden verschiedene Altphilologen heraus, dass der lateinische Text an den römischen Dichter und Philosophen Lukrez angelehnt ist. Durch die Sonnenuhr wissen wir nun, dass wir mit Tychicos einen Universalgelehrten der Antike vor uns haben, der nicht nur über ausgezeichnete Kenntnisse der antiken Literatur und Philosophie verfügte, sondern auch über herausragende mathematische und astronomische Fähigkeiten.

Text: P.Wagner